Am 20. Mai ging die sechsteilige Veranstaltungsreihe Die Ukraine. Europäische Reflexionen der Deutschen Gesellschaft für Osteuropakunde (DGO) mit einem Podiumsgespräch im völlig überfüllten Großen Saal des Literaturhauses Berlin zu Ende. Unter dem Titel Ukraina – Kultur an der Grenze. Der Grenzraum als Kontaktzone diskutierten Jurko Prochasko (Germanist, Essayist und Übersetzer aus Lemberg), Andrej Kurkow (Schriftsteller aus Kiew) und Manfred Sapper (Chefredakteur der Zeitschrift OSTEUROPA aus Berlin).
Im Fokus des Gesprächs hätte eigentlich – so war im Ankündigungstext zu lesen – „die Spezifik der Kultur und der ukrainischen literarischen Landschaft“ mit ihrem „reichen historischen Erbe, ihrer Mehrsprachigkeit, Multikulturalität“, die von Schriftstellern und Intellektuellen wie Prochasko und Kurkow so „virtuos“ genutzt wird, stehen sollen. Doch wie bereits bei der Veranstaltung in der Woche zuvor wurde auch das Vorhaben dieses Abends von den realen Ereignissen in der Ukraine ein- und überholt, so dass das Nachdenken über die Ukraine als kultureller Grenzraum im Ansatz stecken blieb. Wer weiß, vielleicht hätte der Abend einen anderen Verlauf genommen, wenn – wie ursprünglich geplant – Serhij Zhadan gekommen wäre. Hätte doch er – neben Prochasko als westukrainischem Autor, der auf Ukrainisch schreibt, und Kurkow als zentralukrainischem Schriftsteller, der in seiner Muttersprache Russisch schreibt – als ostukrainischer Schriftsteller, der auf Ukrainisch schreibt, das Bild der „babylonischen Sprachverwirrung по-українськи“, die Volodymyr Kulik kürzlich in seinem Vortrag Sprache und Nation erläutert hat, perfekt gemacht. (more…)